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Meine jĂŒngeren Freund:innen und Verwandte reden oft von „den Anderen”, diese unbestimmte Gruppe, welche sicherlich existiert, die es leicht hat, der es gut geht, die von diesem System profitieren und sich darin als junge Menschen leicht zurecht finden. Sie selbst haben Schwierigkeiten einen Ausbildungs-, Arbeits-, oder Studienplatz zu finden, doch „alle Anderen” haben es leicht und finden sich zurecht. Komisch, nicht? Dabei existiert niemand von diesen anderen Menschen in dessen engeren Umfeld, und lernt man Leute genauer kennen, offenbart sich jedes Mal das sie die gleichen Probleme haben wie man selbst. Ich kenne nur Menschen denen es so geht, diese „Anderen” existieren nicht, sie sind eine LĂŒge um das System am laufen zu halten. Denn wenn es dir schlecht geht bist du schuld, wenn es allen schlecht geht, muss die Welt sich Ă€ndern. Doch es geht uns allen schlecht und wir sind alle selbst schuld dran. Im bĂŒrgerlichen Staat und seinem kapitalistischen System bleibt im Zeitalter des Neoliberalismus mit der Atomisierung des Individuums niemand anderes fĂŒr die Zuweisung der Schuld mehr ĂŒbrig, als man selbst. Du kannst immer MĂ€kel an dir finden, irgendwelche Noten, irgendwelche fehlenden Skills, eine falsche Entscheidung. Die Wahrheit ist, dass du nicht schuld bist, und schon gar nicht deinen eigenen Wert von sowas ableiten kannst. Doch viele Menschen fĂŒhlen sich wertlos, weil sie nicht integrieren, nicht leisten, wie „die Anderen”. Als Beispiel ist es ein vollkommener Systemfehler, dass es so wenig PlĂ€tze gibt um Therapeut:in zu werden, wĂ€hrenddessen es so viele Menschen gibt die einen Therapieplatz brauchen. Klar gibt es immer irgendwelche handvoll Menschen die es schaffen, doch haben diese wirklich die besseren, notwendigen Kompetenzen im Vergleich zu allen anderen, oder nur Privilegien? Wenn ein 1,3er oder 1,4er oder 1,5er und alles darĂŒber nichtmal mehr als Schnitt ausreicht, um sich ĂŒberhaupt fĂŒr einen Masterstudienplatz zu qualifizieren? HĂ€tte man nur den einen Abend mehr gelernt, hĂ€tte man nur sich das eine Mal nicht mit Freunden getroffen, wĂ€re man nur einen Tag spĂ€ter zur Familie ĂŒber die Feiertage gefahren, hĂ€tte man nur weniger gelebt. WĂ€re man nur weniger Mensch gewesen. Dann hĂ€tte man das erreicht was man wollte, wie alle anderen, und dann wĂ€re man glĂŒcklich, nachdem man alles was Freude bereitet aus seinem Leben geschnitten hat. So funktioniert das System was einige Menschen als Naturgesetz bezeichnen, wobei es nichts unnatĂŒrlicheres gibt als das. Schon Karl Marx erkannte genau dieses Verhalten unserer kapitalistischen Gesellschaft vor 150 Jahren: „Je weniger du ißt, trinkst, BĂŒcher kaufst, in das Theater, auf den Ball, zum Wirtshaus gehst, denkst, liebst, theoretisierst, singst, malst, fichtst, etc., um so mehr sparst du, um so grĂ¶ĂŸer wird dein Schatz, den weder Motten noch Raub fressen, dein Kapital. Je weniger du bist, je weniger du dein Leben Ă€ußerst, um so mehr hast du, um so grĂ¶ĂŸer ist dein entĂ€ußertes Leben, um so mehr speicherst du auf von deinem entfremdeten Wesen. Alles, was dir der Nationalökonom an Leben nimmt und an Menschheit, das alles ersetzt er dir in Geld und Reichtum, und alles das, was du nicht kannst, das kann dein Geld: Es kann essen, trinken, auf den Ball, ins Theater gehn, es weiß sich die Kunst, die Gelehrsamkeit, die historischen Seltenheiten, die politische Macht, es kann reisen, es kann dir das alles aneignen; es kann das alles kaufen; es ist das wahre Vermögen [...]. Der Arbeiter darf nur soviel haben, daß er leben will, und darf nur leben wollen, um zu haben.” — Karl Marx, ca. 1844, Abschnitt BedĂŒrfnis, Produktion und Arbeitsteilung in Ökonomisch-philosophische Manuskripte (Pariser Manuskripte) Der einzige Schatz, das einzige Reichtum was der Mensch besitzt, ist das Leben, also lebt es!
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